Sonntagsbrief an die Gemeinde am 16. August 2020

Vöhringen, 15. August 2020

Schwestern und Brüder, ihr die Gemeinde,

Gnade sei mit euch und Friede von dem der da ist und der da war und der da kommt. Amen.

Denkt an die Gefangenen, als wärt ihr Mitgefangene, und an die Misshandelten, weil auch ihr noch im Leibe lebt. (Hebräer 13,3)

Mitleid ist ein doppeldeutiges Wort. Als seelische Berührung vom Missge­schick anderer ist es eine Gefühlssache, die mit der Zeit vergeht, so wie man in der Fußgängerzone eine Bettlerin hinter sich lässt. Ganz anders im Brief an die Hebräer. Dort wird Mitleid als solidarisches Mitleiden eingefordert: Nehmt wirklich Anteil am Schicksal gefangener Schwestern und Brüder, als würdet ihr selbst mit diesen im Gefängnis sitzen. Nehmt Anteil am Leiden von Miss­handelten, als spüret ihr deren Schmerz an eurem eigenen Leib. Euer Leben soll sich mit deren Leben verbünden, damit Gefangene und Misshandelte in ihrem Elend nicht sich selbst überlassen bleiben.

Was für eine Zumutung – Mitleid, das unter die eigene Haut geht und einen gefangen nimmt, wo es auf uns ankommt und nichts auf Staat und Gesell­schaft abgeschoben werden kann. Wir lesen in der Bibel von Anforderungen an unser Christsein, die gängigen Lebensvorstellungen widersprechen. Muss ich mir das wirklich antun?

Jesu Wort „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben“ (Johannes 14,6) bestärkt mich im solidarischen Mitleiden. Was auch immer in mein Leben eindringt, was mich mitnimmt oder mir vorenthalten wird, entscheidet nicht über Glück und Weh meines Lebens. Jesus Christus bringt mitgelittenes Leben bei Gott zur Erfüllung. „Selig sind, die da Leid tragen; denn sie sollen getröstet werden.“ (Matthäus 5,4)

So bete ich: Himmlischer Vater, Du unser Gott, was dein Sohn erlitten und überwunden hat macht unser Leben heil. Bewahre uns vor Gleichgültigkeit gegenüber dem Leben anderer. Dein Geist stärke uns, wenn wir an deren Leiden Anteil nehmen. Durch Jesus Christus. Amen.

Am morgigen Sonntag, 16. August feiern wir den Gottesdienst um 9 Uhr in der Kirche. Am kommenden Sonntag, 23. August findet der Gottesdienst ebenfalls um 9 Uhr in unserer Martin-Luther-Kirche statt.

Ich selbst bin ab Montag, 17. August wieder im Dienst.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

Es grüßt Euch ganz herzlich

Euer Jochen Teuffel
Evangelischer Pfarrer

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